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Ruth Berghaus

2.Juli 1927 - 25.Januar 1996

Die "Grande Dame" des Regie-Theaters

Weder professionell noch politisch ließ sie sich in vorgefertigte Schemata pressen, nahm in Kauf, zwischen allen Stühlen zu sitzen und missverstanden zu werden. Aber weder die Kritik an den unkonventionellen, teilweise wagemutigen Klassiker-Inszenierungen der Ruth Berghaus, noch ihre nur vordergründige Loyalität zur DDR konnten letztendlich verhindern, dass die Regisseurin eine Epoche deutscher Theatergeschichte mit formte.

Ruth Berghaus kam am 2. Juli 1927 in Dresden zur Welt, studierte nach dem Abitur Choreografie an der berühmten Palucca Schule in Dresden und war anschließend Meisterschülerin an der Deutschen Akademie der Künste in Berlin. Zwischen 1951 und 1964 arbeitete sie als Choreografin u.a. am Deutschen Theater in Ostberlin, an der Deutschen Staatsoper sowie am Berliner Ensemble. Ihrem Regiedebüt an der Deutschen Staatsoper 1951, Paul Dessaus Oper Die Verurteilung des Lukullus, folgten weitere Umsetzungen der Stoffe ihres späteren Ehemannes. Trotz wohlwollender Rezeption ihrer Arbeiten von Seiten der Fachkritik fand das Publikum zu ihrer avantgardistischen Elektra-Adaptation 1967 keinen Zugang und lehnte einen parodistisch dargebrachten Freischütz (1970) rundum ab.

Einen Namen als Regisseurin machte Ruth Berghaus sich vor allem am Berliner Ensemble mit ihren Brecht-Inszenierungen (z.B. Die Gewehre der Frau Carrar, 1970). Im gleichen Jahr ernannte die Brecht-Witwe Helene Weigel sie zur Stellvertreterin der Intendanz; nach Weigels Tod ein Jahr später übernahm Berghaus die Leitung. Neben den Werken Brechts brachte sie auch moderne Autoren wie  Peter Hacks oder Heiner Müller auf die Bühne. Die "Künstlerin von Format" präsentierte seit den 70er Jahren ihre Produktionen in sämtlichen deutschen Großstädten (Einstein, Hamburg 1978; Parsifal, Frankfurt/Main 1982). Ab den 80er Jahren agierte die laut Spiegel (28/1990) "Luxus-Dissidentin" zunehmend internationaler, blieb aber dennoch den deutschsprachigen Bühnen treu. Besonders am Opernhaus Zürich inszenierte sie erfolgreich Stücke wie Elektra (1991), Otello (1994) und Der fliegende Holländer (1995).

In den letzten Jahren ihres Lebens wandte sich die Künstlerin vor allem Verdis Musik und der italienischen Oper zu. Eine für Ende 1995 vorgesehene Fledermaus-Adaptation in Leipzig konnte Ruth Berghaus nicht mehr selbst umsetzen. In der Nacht des 25./26.Januar 1996 starb sie im Alter von 68 Jahren an den Folgen eines Krebsleidens.

Nach ZDF-Theaterkanal mit Material aus Munzinger Archiv zum 5.Todestag 2001


Unter dem Titel Regie: Ruth Berghaus - Geschichten aus der Produktion erschien im August 2010 ein von Irene Bazinger im Rotbuch-Verlag herausgegebenes Buch mit Beiträgen ehemaliger Mitarbeiter und Weggefährten von Ruth Berghaus.
Lesenswerte Nahaufnahmen sind das mit Beiträgen u.a. von Achim Feyer, Anja Silja, Catarina Ligendza, HD Schaal, Marie-Luise Strandt, Arila Siegert, Sebastian Baumgarten, Jürgen Flimm, Hans Neuenfels, Erich Wonder.
(ISBN 978-3-86789-117-2)